Montag, 20. November 2017

Antibiotika - die große Unbekannte: Wenig Ahnung, falsche Anwendung, hoher Aufklärungsbedarf

MedDEV News (ZYK). Es ist eigentlich erschreckend: Fast 58 Prozent der Deutschen wissen nicht, dass Antibiotika nur gegen bakterielle Infektionen wirken. Und mehr als jeder Vierte glaubt nicht daran, dass das frühzeitige Absetzen eines Antibiotikums dazu führen kann, dass es beim nächsten Mal nicht mehr wirkt.

Diese Unkenntnis kann dazu beitragen, dass Antibiotika in nicht wenigen Fällen falsch angewendet werden. Das ist das Resultat einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Gesundheitsmonitors des Bundesverbandes der Arzneimittel-Hersteller (BAH) im 2. Quartal 2017. "Wir sehen daran, wie wichtig es ist, die Bevölkerung über das Thema Antibiotika besser aufzuklären. Dabei sind durchaus auch die Ärzte gefordert", sagt Dr. Elmar Kroth, Geschäftsführer Wissenschaft beim BAH.

Nicht nur Unkenntnis birgt Gefahr

Zwei von drei Männern (65 Prozent), aber nur jede zweite Frau (51 Prozent), haben bei der Frage nach der Wirkung von Antibiotika entweder gar keine Idee oder eine falsche Antwort parat: dass nämlich Antibiotika auch gegen virale Infektionen, gegen bakterielle und virale Infektionen oder gegen keine der beiden Infektionsformen geeignet seien. Die richtige Zuordnung steigt mit dem Bildungsniveau: Während nur 32 Prozent der Personen mit Hauptschulabschluss und 34 Prozent mit Realschulabschluss die richtige Antwort gaben, waren es bei den Menschen mit Abitur oder Fachabitur schon 57 Prozent und bei den Akademikern sogar 69 Prozent. 

Auch der korrekten Aussage, dass ein vorzeitiges Absetzen von Antibiotika die Bildung von Resistenzen bei Erregern fördern kann, stimmten mehr Frauen als Männer zu (61 Prozent gegenüber 55 Prozent).

10 Prozent derer, die schon Antibiotika genommen haben, geben zu, bereits einmal oder mehrmals Antibiotika verwendet zu haben, die ihnen für diesen Fall nicht vom Arzt verschrieben worden waren. Das ist schlimm. Schlimm ist aber auch, dass anscheinend auch Ärzte sich nicht der Risiken und Nebenwirkungen bestimmter Antibiotikapräparate bewusst sind.

Aufklärungsbedarf steigt: Auf Seite der Patienten wie auch auf Seite der behandelnden Ärzte.

Woher können diese Medikamente kommen? Bei 26 Prozent derjenigen, die bereits Antibiotika verwendet haben, ist es schon einmal oder mehrmals vorgekommen, dass sie mindestens eine angebrochene Antibiotika-Packung im Arzneimittelschrank hatten. Zur Vorratshaltung bei Antibiotika tendieren vor allem Personen unter 30 Jahren. 

"Ganz wichtig ist es, nur vom Arzt verschriebene Antibiotika einzunehmen, und das auch nur so, wie der Arzt das vorsieht. Denn nur dann kann die Therapie wirken. Im anderen Fall droht zudem die Gefahr, dass resistente Erreger entstehen", meint Kroch

Vor allem multiresistente, also gegen mehrere gängige Antibiotika unempfindliche Erreger verleihen dem Thema eine besondere Brisanz: "Wegen dieser Resistenzen benötigen wir eine Vielfalt an Antibiotika. Breitspektrum-Antibiotika für die Fälle, in denen kein Test auf den Erreger gemacht wird, zum Beispiel, weil die Therapie unverzüglich eingeleitet werden muss, und Schmalband-Antibiotika nach Erregertest für einen gezielteren Einsatz. Ebenso notwendig ist ein möglichst umfangreiches Angebot an Darreichungsformen, zum Beispiel, weil ältere Patienten oft schlecht Tabletten schlucken können", so Kroch.


Wichtig aber ist es auch, die Verabreichung von Antibiotika streng zu überwachen. Und dies nicht nur in der Humanmedizin. Veterinärmediziner und Agrarwirtschaft und die Politik sind hier ebenfalls gefordert.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen